HOSI Linz unterstützt Frauentag und Frauenvolksbegehren
Gleichberechtigung unbeschadet der sexuellen Orientierung und Identität ist eine Forderung, die ebenso offensichtlich und stark ist wie die nach Gleichberechtigung der Geschlechter. Beide Forderungen sind eigentlich Selbstverständlichkeiten, beruhen sie doch auf dem nicht zu rechtfertigenden Missbrauch menschlicher Geschlechtlichkeit, nämlich um Machtüberlegenheit zu entwickeln, das Machtgefälle egoistisch zu nutzen und die eigene Bevorteilung zu wahren. Es sind pure Gewohnheiten, bloße Vorurteile, längst überholte, aber immer noch verkrustete Normen in der Gesellschaft, die das Patriarchat – die Männerherrschaft – schützen und Frauen auf den zweiten Rang verweisen.
Bei Lesben (und Schwulen) ist es speziell das gesellschaftliche Prinzip der Heteronormativität, das Diskriminierung ermöglicht. Es meint nicht nur den einmal mehr und einmal weniger starken Zwang, heterosexuell zu leben, sondern meint zugleich auch, das Patriarchat zu akzeptieren. Dabei verstößt die Heteronormativität – übersteigert ausgedrückt: die Zwangsheterosexualität – gegen das Grundrecht auf Privatheit und somit auch auf sexuelle Selbstbestimmung. Gerade in einer Zeit, wo reaktionäre Kräfte Grundrechtsinstitutionen angreifen werden und damit die Akzeptanz oberster Rechtsnormen und die Legitimität höchstgerichtlicher Erkenntnisse unterminieren, werden Aktionismus und Widerstand ganz besonders zur Pflicht. Wie sonst sollen sachliche Haltlosigkeiten effektiv und rasch haltlos gemacht werden?
Geschlecht wird sogar biologisch konstruiert: einerseits skandalös, indem das Geschlecht von Kindern durch vorschnelle operative Eingriffe eindeutig gemacht wird, oft mit verheerenden Folgen, andererseits erfreulich, indem geschlechtsanpassende Operationen die Harmonie zwischen Psyche und Körper herstellen. Geschlecht wird aber sicherlich auch sozial konstruiert: Ein Mädchen hat mit dem zu spielen, das anzuziehen, sich so zu verhalten, hat eine Ehefrau zu werden und einen definierten Frauenberuf zu ergreifen – nichts Anderes soll infrage kommen.
So schrieb der britische Sozial- und Wirtschaftswissenschafter Lord Robert Skidelsky jüngst, „Geschlecht wird zusehends als sozial konstruiert angesehen, und daher sollten Kinder ermutigt werden, ihr soziales Geschlecht selbst zu wählen“, denn „wirkliche Geschlechtergleichheit wird erst erreicht, wenn die Bildung von Vorlieben und Gewohnheiten nicht mehr Geschlechterklischees unterworfen sind“, und „es ist nur eine Frage der Zeit, dass das, was grundsätzlich akzeptiert ist, auch Praxis wird“ (https://www.socialeurope.eu/next-stage-womens-emancipation).
Genau diese Emanzipation aus haltlosen, machtfestigenden, ungerechtfertigten Zwängen ist der fundamentale Zweck des Frauenvolksbegehrens ebenso wie des Aktivismus der HOSI Linz und ihrer Schwesterorganisationen. Speziell die Ehe für alle ist freilich hart umkämpft, denn für Konservative, Reaktionäre und RechtspopulistInnen wird mit der Öffnung der Ehe das bedeutendste der noch verbliebenen Bollwerke der Heteronormativität und somit des Patriarchats fallen.
Harvey Milk, der erste offen schwule Bezirksstadtrat San Franciscos, konnte in den 1970ern seinen politischen Erfolg dadurch erringen, dass er diskriminierte Minderheiten aller Art solidarisch vereinte. Er machte ihnen klar, dass ihre jeweiligen Diskriminierungen systematisch zusammenhingen und es sich daher lohne, gemeinsam gegen das gesellschaftliche Ordnungsprinzip Diskriminierung einzutreten.
Starke Werkzeuge für gesellschaftliche Zwänge sind Scham und Schande. Der bislang größte Erfolg der Frauenbewegung wie auch der Lesben- und Schwulenbewegung ist es, das offen selbstbewusste und selbstbestimmte Frausein, Lesbischsein oder Schwulsein immer mehr zu verbreiten, gesellschaftsfähig zu machen und Normalität werden zu lassen, es aus dem Mief von Scham und Schande, Abnormität und Verstecken herauszuholen. In diesem Sinn ist die Sichtbarkeit des frei gewählten Lebensstils von größter Bedeutung.
Die Argumente sind auf unserer Seite, und bei der Umsetzung werden wir verständlicherweise immer ungeduldiger und fordernder. Es geht doch immerhin um Menschenrechte und Lebenszufriedenheit, konkret um nicht weniger als um zentrale Werte wie Freiheit, Solidarität und Chancengerechtigkeit, mit dem Ziel gesellschaftlichen Fortschritts.
Freilich ist gesellschaftlicher Fortschritt vielfältig und divers interpretierbar. Doch dazu dienen die Grundrechte als Wegweiser, die konkreten Ziele als Argumente. Die Aufrechterhaltung der überkommenen Ordnung, Durchsetzung kirchlicher Gebote und Verbote sowie die Blut- und Bodenmentalität im Heimatbegriff sind konservative und rechtspopulistische, revisionistische und reaktionäre Elemente, aber nicht wirklich zu argumentierende Inhalte. Dagegen sind Selbstverwirklichung, liberale Demokratie und solidarische Gemeinschaft die schlagenden Argumente. In einem solchen Wertesystem hat Diskriminierung von Frauen, Lesben, Schwulen und anderen sozialen Gruppen sicher keinen Platz. Die Faktenlage ist daher immer wieder aufzuzeigen: sowohl die Ideale und Grundrechte als auch die Diskriminierungen und ihre Widersprüche zu den Zielvorstellungen.
Weiterhin feiert die HOSI Linz den Frauentag, fördert sie die Emanzipation, bietet ihre Solidarität an und lädt ganz besonders Frauen ein, sich noch verstärkt am gemeinsamen Projekt zu beteiligen.
Gez. Mag. Richard Steinmetz
Vereinssprecher der HOSI Linz
08.03.2018
Party zum Internationalen Frauentag: