Gesundheitsministerium in Geiselhaft des Roten Kreuzes
Vier von fünf Experten kritisieren homophobe Diskriminierung beim Blutspenden. Das Gesundheitsministerium will weiter nachdenken.
Passend zum Welt-AIDS-Tag haben sich am 01.12.2020 die Abgeordneten im Gesundheitsausschuss für ein Expertenhearing zum Thema Diskriminierung homosexueller Männer beim Blutspenden getroffen. So würde etwa homosexuellen Männern allein aufgrund ihrer sexuellen Orientierung sexuelles Risikoverhalten attestiert, vertreten SPÖ und NEOS die Positionen der österreichischen LGBTIQ*-Organisationen. Außerdem fordern sie, dass bei einer Befragung des Spenders zu seinem Gesundheitszustand keine diskriminierenden Formulierungen verwendet werden sollen.
Seit Jahren fordern Österreichs LGBTIQ*-Organisationen ein Ende der homophoben Diskriminierung beim Blutspenden. Trotz des immensen Bedarfs an Blutspenden in Österreich werden noch immer Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), von der Teilnahme ausgeschlossen, so die potenziellen Spender die im Anamnesebogen enthaltene Frage, ob sie innerhalb der letzten zwölf Monate Sex mit Männern hatten, positiv beantworten. Ausgangspunkt des Expertenhearings im Gesundheitsausschuss waren die beiden Entschließungsanträge von NEOS und SPÖ, die im Spätsommer zum Zwecke eines solchen Hearings vertagt wurden.
Als Experten geladen waren:
– Prof. (FH) Dr. Frank Amort, FH Joanneum (nominiert von SPÖ)
– DDr. Igor Grabovac, Med. Uni Wien (nominiert von NEOS)
– RA Dr. Helmut Graupner, Rechtskomitee LAMBDA (RKL), Öst Gesellschaft für Sexualwissenschaften (ÖGS) (nominiert von GRÜNE)
– Dr. Christof Jungbauer, Österreichisches Rotes Kreuz (ÖRK) (nominiert von ÖVP)
– Dr. Günther Koderhold, Allgemeinmediziner, Radiologe/Radioonkologe (nominiert von FPÖ)
Alle Experten waren der Ansicht, dass hier eine ungerechtfertigte Diskriminierung besteht, die leicht behoben werden könnte. Allein Dr. Christof Jungbauer vom Österreichischen Rotes Kreuz (ÖRK) widersprach den anderen Experten – wieder einmal. Alle Bemühungen, hier Diskriminierung zu beseitigen, scheiterten bisher am Roten Kreuz
„Seit über zehn Jahren thematisieren wir dieses Problem. Immer wieder scheitern wir an der diskriminierenden Haltung des Roten Kreuzes“, so Mag. Richard Steinmetz, Vereinssprecher der HOSI Linz. „Das Rote Kreuz nimmt auf Grund seiner Quasi-Monopolstellung und mit scheinheiliger Argumentation den Obersten Sanitätsrat und das Gesundheitsministerium seit Jahren in Geiselhaft. Das ist unehrlich, unethisch und nur noch peinlich!
Gesundheitsminister Rudolf Anschober meinte nun, es gelte, das Thema für ein vollständiges politisches Bild breit zu behandeln und auch die betroffenen Institutionen einzubinden. Daher brauche es jetzt noch etwas Zeit, miteinander zu reden. Die HOSI Linz ist jedoch der Überzeugung, dass in dieser Sache seit Jahren genug geredet wurde. Die Fakten lägen alle am Tisch.
„Es reicht! Genug geredet. Wir wollen endlich Taten sehen. Die Sicherheit der Blutspende wird zu jeder Zeit gewährleistet – auch weil sich ja niemand im Fragebogen als schwul outen muss, will er nicht diskriminiert werden. Das Rote Kreuz muss daher so oder so die Blutspenden testen – das ist nur jahrelang gelebte Homophobie des Roten Kreuzes, die das Ministerium endlich abstellen soll“, so Steinmetz.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober sei der Community da im Wort; man werde sich nicht weiter abspeisen lassen. Steinmetz abschließend: „Diskriminierung darf keinen Platz in diesem Land haben. Auch nicht und schon gar nicht bei Gesundheitsdienstleistungseinrichtungen. Das ist sofort abzustellen!“
gez. Mag. Richard Steinmetz
Vereinssprecher der HOSI Linz
Linz, 03.12.2020
Link zur Medienaussendung des Österreichischen Parlaments: