Angriffe auf Vielfalt und Menschenrechte: Rückschritte in den USA und Österreich bedrohen LGBTIQ*-Community
Die Homosexuelle Initiative (HOSI) Linz zeigt sich tief besorgt über die neuesten Entwicklungen in den USA und Österreich, die einen alarmierenden Angriff auf die Rechte der LGBTIQ*-Community darstellen.
[Linz, 22. Januar 2025] – Während Präsident Donald Trump per Dekret anordnete, dass in offiziellen Dokumenten nur noch die Kategorien „bei der Geburt biologisch männlich“ und „bei der Geburt biologisch weiblich“ eingetragen werden dürfen, erleben wir in Österreich eine ebenso besorgniserregende Entwicklung.
Ein Angriff auf die Vielfalt der Geschlechter
„Diese Maßnahme ist ein direkter Angriff auf die Menschenwürde und das Recht auf Selbstbestimmung“, sagt Michael Müller, Vereinssprecher der HOSI Linz. „Es zeigt, wie tief verwurzelt Diskriminierung in politischen Agenden sein kann und wie gefährlich es ist, wenn Vielfalt nicht anerkannt wird.“
Die Entscheidung ignoriert nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse über die Vielfalt von Geschlechtsidentitäten, sondern greift direkt in das Leben von Trans- und nicht-binären Menschen ein. „Wir dürfen nicht zulassen, dass solche rückschrittlichen Ideologien unsere Gesellschaft prägen. Die Rechte von LGBTIQ*-Menschen sind keine Verhandlungsmasse, sondern fundamentale Menschenrechte“, so Müller weiter.
Ein fatales Signal für die Welt
„Die Entwicklungen in den USA könnten auch in Europa und Österreich reaktionäre Kräfte ermutigen, ähnliche Einschränkungen durchzusetzen. Wir müssen uns entschieden gegen diese Rückschritte stellen und uns für die Rechte aller Menschen stark machen“, erklärt Müller. „Gerade jetzt ist es wichtig, ein klares Zeichen für Vielfalt und Toleranz zu setzen.“
Wie in Russland und Ungarn: Rückschritt auch in Österreich
Auch in Österreich erleben wir aktuell einen beispiellosen Angriff auf die Rechte von Transpersonen. Der Verwaltungsgerichtshof hat im vor wenigen Tagen zugestellten Erkenntnis (VwGH 05.12.2024, Ro 2023/01/0008) entschieden, dass “es für die Eintragung des Geschlechts grundsätzlich auf das biologische, körperliche Geschlecht ankommt”. Eine andere Auslegung sei dem Verwaltungsgerichtshof mangels ausdrücklicher Regelung durch den Gesetzgeber verwehrt. Dies bedeutet, dass Transfrauen als männlich und Transmänner als weiblich in Dokumenten ausgewiesen werden. Damit reiht sich Österreich in eine Linie mit Ländern wie Russland und Ungarn ein, die Transpersonen die rechtliche Anerkennung verweigern und damit fundamentale Menschenrechte verletzen. Anlassfall war eine Person, die ihren Eintrag im Personenstandsregister löschen wollte. Dies wurde ihr nicht ermöglicht. Obwohl es in Österreich offiziell sechs Eintragungsmöglichkeiten (männlich/weiblich/divers/inter/offen/keine Angabe) im Personenstandsregister gibt. Tatsächlich hat der VfGH grundsätzlich zwischen Intersexualität und Transidentität unterschieden (vgl. dazu VwGH 14.12.2018, Ro 2018/01/0015, Rn. 23). Dass der VwGH seine jahrzehntelange Rechtsprechung nunmehr revidiert, ist aber mehr als bedenklich. Dass hier explizit innerhalb der LGBTIQ*-Community zwischen Trans- und Inter-Personen, die im Laufe ihres Lebens bereits viele (rechtliche) Hürden zu überwinden hatten, unterschieden wird und noch einmal zusätzlich diskriminiert wird, ist Besorgnis erregend.
„Es ist beschämend, dass Österreich sich in solch eine Reihe stellt. Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs widerspricht klar den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, nun ist der österreichische Verfassungsgerichtshof am Zug“, kritisiert Müller. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat wiederholt festgestellt, dass transidente Personen das Recht auf rechtliche Anerkennung ihres gelebten Geschlechts haben (Goodwin v. UK GC 2002, I v. UK GC 2002, X v FYROM 2019, YT v BG 2020, Rana v H 2020, A.D. et. al. v Georgia 2022, R.K. v H 2023; Semenya v CH 2023). „Diese Rechte dürfen nicht mit Füßen getreten werden. Wir fordern die Politik auf, dass sie die Rechtsnormen so klar setzt, dass selbst ein unabhängiges Gericht seine Entscheidungen nicht menschenrechtswidrig treffen kann.“, fordert Müller.
Für ein Europa der Menschenrechte
Die HOSI Linz appelliert an die österreichische Bundesregierung und die EU, sich klar gegen die diskriminierende Politik der USA und die rückständigen Entwicklungen in Österreich zu positionieren. „Europa muss ein sicherer Hafen für alle Menschen bleiben, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität. Gerade in Zeiten, in denen autoritäre Kräfte weltweit an Einfluss gewinnen, müssen wir unsere Werte der Vielfalt, Toleranz und Gleichberechtigung verteidigen“, betont Müller.
Die HOSI Linz vertraut darauf, dass der Verfassungsgerichtshof ein Machtwort sprechen und die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs revidieren wird, um Österreich wieder in die Gemeinschaft der menschenrechtskonformen Länder zurückzuführen. „Bis dahin sind Transpersonen jedoch einer menschenunwürdigen Behandlung ausgesetzt. Das dürfen wir nicht akzeptieren“, erklärt Müller abschließend.
gez. Dipl.-Ing. Dr. Michael Müller
Vereinssprecher der HOSI Linz
Update, 22.01.2025 18:00:
Es wird von mehreren Seiten (Stadt Wien, Courage) die Rechtsmeinung vertreten, dass das Urteil keine Änderung der bisherigen Praxis bedeuten. Ferner ist eine Stellungnahme durch den Verwaltungsgerichtshof in Arbeit welche etwas mehr Licht in die Angelegenheit bringen wird.
Wir bleiben jedenfalls dran, und werden eine Änderung in unserem Statement vornehmen, sofern dies notwendig scheint!