Durchs Reden kommen die Leute zusammen
Die HOSI Linz beurteilt die Hartnäckigkeit der Diskussion in der ÖVP über die Rechte der Lesben und Schwulen als ernst zu nehmendes Zeichen für inhaltliche Anliegen und ist vorerst positiv gestimmt.Linz (HOSI): Seit dem Vorstoß Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechters für die Fremdkindadoption vergeht kaum ein Tag, an dem sich nicht FunktionärInnen und MandatarInnen der ÖVP zur Frage der Gleichstellung von Lesben und Schwulen zu Wort melden. Die HOSI Linz zeigt sich erfreut und hofft auf eine tatsächliche Öffnung der ÖVP.
Dass Homosexuelle nach der Verpartnerung keinen gemeinsamen Familiennamen tragen dürfen, sei „eine unnötige Kränkung“. Auch sollte man der Symbolik wegen die Verpartnerung in einem Standesamt ermöglichen. Das meinte zuletzt ausgerechnet Andreas Khol, Chef des ÖVP-Seniorenbunds und ausgewiesener Vertreter des konservativen Lagers in der ÖVP. Seit Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter die Fremdkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare angestoßen hat, kommt die ÖVP nicht mehr zur Ruhe. Familienministerin Sophie Karmasin ist ebenfalls für gesetzliche Änderungen und auch Justizminister Wolfgang Brandstetter und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner betonten, sie könnten sich eine solche Novelle „gut vorstellen“. Ist das jetzt ein Zeichen der Öffnung der ÖVP?
„Wir sehen diese Signale durchaus positiv. Aber dass sich die ÖVP nun leichter mit einem Thema tut, das ihr jahrelang schwergefallen ist, können wir noch nicht glauben. Nach aller bisherigen Erfahrung muss uns die ÖVP schon davon durch Taten überzeugen“, erklärt Vereinssprecher Rainer Bartel. „Die momentane Bewegung ist vermutlich dadurch zu erklären, dass die ÖVP einsehe, dass der Gesetzgeber der jüngeren Judikatur von Verfassungsgerichtshof (VfGH) und Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) nachkommen müsse. Bisher hat es die ÖVP ja immer erst auf ganz konkrete Urteile ankommen lassen.“ Auch sagte noch 2008 Vizekanzler Michael Spindelegger – damals noch Zweiter Nationalratspräsident: „Es ist ja so, dass im Standesamt zur schönen Jahreszeit besonders gern geheiratet wird – das führt automatisch zum Kontakt zwischen heterosexuellen und homosexuellen Paaren. Ob das so gut ist, sei dahingestellt.“
Und noch 2009 wurde in das neue Partnerschaftsgesetz jede Menge Diskriminierungen durch die ÖVP hineinreklamiert: Keine Zeremonie, kein Familienname. EineR der PartnerInnen darf den Namen der/des anderen zusätzlich führen, aber ohne Bindestrich zwischen den Nachnamen – insgesamt rund 70 solcher Diskriminierungen listete das Rechtskomitee Lambda daraufhin auf. Karmasins Vorstoß ist auch laut ihr selbst nicht mit Spindelegger abgesprochen. „Dennoch freuen wir uns über die Debatte in der ÖVP. Das gibt unseren Bemühungen, das Thema immer wieder zur Debatte zu stellen, Recht. Durchs Reden kommen bekanntlich die Leute zusammen. Sobald ein Thema am Laufen ist, wird auch die Kluft zwischen dem Anspruch auf Humanität und dem Zustand der Inhumanität umso deutlicher. Da und dort modernere gesellschaftspolitische Ansätze werden der ÖVP gewiss nicht schaden, sondern, so vermuten wir, sogar nützen. Zulange hat sich die ÖVP in starrer Verweigerungshaltung geübt. Wir sehen gegenwärtig einen längst fälligen Diskurs, der der ÖVP gut ansteht. Wir hoffen allerdings, dass es nicht nur bei einer parteiinternen Debatte bleibt. Das Reden mit Lesben und Schwulen soll das bloße Redens über sie ergänzen. Dann könnte die Debatte schon bald in konkrete gesellschaftspolitische Initiativen münden. Immerhin haben homosexuelle Menschen in Österreich schon viel zu lange auf die vollständige Gleichstellung und die völlige Gültigkeit europäischer und internationaler Menschenrechtsstandards gewartet. Es ist ja keine Marotte von uns, sondern die Geltendmachung des Anspruchs auf längst erworbene Grundrechte, deren Umsetzung in die Praxis noch hapert“, so Bartel abschließend.
Für die HOSI Linz
gez. Dr. Rainer Bartel, Vereinssprecher
Linz, den 08.04.2014